20150426

Martin Adel: Glaube inmitten anderer Religionen


26.04.2015 Sonntag Jubilate
Wochenspruch: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Kor 5,17)


Liebe Gemeinde
1. Der gleiche Gott?
„Wir haben doch irgendwie alle den gleichen Gott!“ wird uns gerne gesagt. Und so genau kann man da eh nichts wissen. Und um des Friedenswillen und der Verständigung und der Toleranz schmeißen wir doch einfach zusammen.
Ist das so? „Haben wir alle den gleichen Gott?“ Wir Christen schon noch. Aber wie ist das mit all den anderen?
Also mein Gott heißt nicht Buddha und auch nicht Shiva und auch nicht Allah. Mit dem Judentum wird es schon etwas schwieriger, deshalb lassen wir es heute außen vor. Aber ich glaube auch nicht an den großen Manitu oder an den Energieerhaltungssatz auch für die Seelen. Ich glaube an Jesus Christus, Gottes Sohn, Heiland, Erlöser und Retter. Die letzte Bezugsgröße für mich und für die Welt.
Gott ist entweder Gott, dann ist er der Schöpfer allen Lebens oder er ist eine Einbildung. Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

2. Der Patchwork-Gott
Im religiösen Supermarkt kann das vielleicht so sein, dass man sich´s zusammen suchen kann: ein bisschen Hare Krishna, ein bisschen Hare Rana, da ein bisschen Seelenwanderung, hier ein Traumfresserchen und dann noch die Sternzeichen befragen. Oder gleich, wie´s bei der Metzgerei Bockensack heißt: Darf´s auch ein bissler mehr sein?
Und immer, wenn etwas nicht passt oder unliebsam wird, dann lässt man es weg, weil´s mir ja nicht gut tut.
Mag sein, dass das manchen Menschen hilft. Aber mir hilft das nicht.
Der Glaube zusammen gesucht wie eine Patchworkdecke. Kann sein, dass sie wärmt. Aber sie trägt mich nicht. Denn ich habe ja zusammengesucht. Ich habe zusammengestellt. Ich habe es mir zurechtgelegt.
Und nicht mehr: Gott hat mich gemacht. ER hat mir seinen Atem eingeblasen und ER wird ihn mir wieder entziehen. Und er darf es auch, weil er Gott ist.
Darum geht es im Glauben. Nicht zuerst um die Moral oder die Ethik, sondern was mich trägt und hält in all den Wirren und Höhen und Tiefen des Lebens mit all seinen Herausforderungen und Fragen und Unsicherheiten.
Da befrage ich nicht erst die Sterne, um zu erklären, dass dieses und jenes gerade so steht und deshalb klappt oder nicht geklappt hat.

3. In Gott festgemacht
Sondern ich wende mich an Gott, den ich kenne, so wie er sich uns bezeugt hat in der Bibel. Und ich rufe: Du Herr, hilf. Hilf zu verstehen, hilf zu entscheiden, hilf zu begreifen. Hilf zu tragen und neu zu beginnen. Mit Herz, Hand und Verstand.
Nicht ich habe dich zusammengebaut, sondern DU hast mich gefunden. DU hast dich bei mir festgemacht – in der Taufe. Und ich finde mein JA zu DIR. Hier schlägt mein Herz! Nicht, weil es die Beste aller Religionen ist, sondern weil sie für mich „existentiell“ entscheidend ist.
Ich such mir ja auch nicht meine Eltern aus und sie mich nicht, obwohl es sicherlich immer auch bessere, oder reichere, oder liebevollere oder verständigere Eltern oder Kinder gäbe. Aber hier bin ich zuhause und das ist meine Bezugsgröße – ob ich will oder nicht.
Warum versagt denn unser Glaube so oft in den Krisen des Lebens? Weil wir ein Ding daraus gemacht haben, wie das goldene Kalb, selbst gegossen aus unseren Wünschen und Sehnsüchten. Und dann heißt er lieber Gott oder den Wundergott oder den bestrafender Gott oder gar kein Gott, weil ich so enttäuscht bin. Gott als Ding, definiert, erklärt, festgelegt und kein lebendiges Gegenüber mehr, der trägt und hält, wenn mein Gebäude zusammenstürzt. Mein Herr und mein Gott.

4. Religion aus dem Kopf
Weil wir aus dem Kopf heraus glauben, aus philosophischen Betrachtungen und Überlegungen unserer Weisheit und unseres Verstehens, beginnen dann die Diskussion, so wie wir sie in der kommenden Woche an der Grundschule haben werden, ob wir nicht den Schulanfangsgottesdienst mit den Moslems und den Ethikern zusammen feiern können. „Irgendwie glauben wir doch alle an irgendeinen Gott und welcher der richtige ist, kann man ja auch nicht genau sagen.“ „Und wenn wir (Christen) ein bisschen toleranter wären und bei den Gebeten Christus weg lassen, dann kann sich ja auch jeder je nach seiner Religionen seine eigenen Gedanken machen“ – als ob ein Gebet Gedanken sind und nicht der aktive Vollzug des Glaubens, die Hinwendung zu Gott.
„Und außerdem sind eh nur noch 1/3 der Schüler Christen an der Schule und man will doch niemanden ausgrenzen und aus praktischen Gründen wäre doch die Aufsicht auch besser zu organisieren ….“
Ich frage mich immer, warum man nicht auch im Sport auf solche Gedanken kommt, z.B. könnte man doch Fußball, Handball, Wasserball und Eishockey zusammenlegen – sie haben ja so vieles gemeinsam: alle diese Sportarten spielen auf einem Spielfeld in je zwei gegnerischen Teams, schießen auf zwei Tore und haben einen Schiedsrichter, der auf die Regeln achtet.

5. Glaube inmitten der anderen Religionen
Liebe Gemeinde,
Glaube findet immer im Nebeneinander mit anderen Religionen statt. Wir hatten nur über Jahrhunderte, vielleicht sogar über Jahrtausende hier in Europa den Schutzraum der Einheitsreligion, mit Macht und Gewalt verteidigt und andere Haltungen bedroht und verfolgt. Doch diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei und wir haben viel Blut und Schuld auf uns geladen. Andererseits mussten wir uns auch nicht mehr selbst zu Gott bekennen, sondern wir waren hineingeboren in die christliche Religion und irgendwie gehörte das dazu und besser war es auch, wenn man keine Umstände haben wollte.
Und jetzt? Jetzt sind wir verunsichert, weil wir zwar einerseits sicher sind, dass wir Christen sind, aber man kann ja als aufgeklärter Mensch auch nicht mehr genau wissen, ob sich das die Kirche nicht alles nur ausgedacht hat. Und außerdem glauben die anderen Religionen doch auch an ihre Götter. Und wer hat denn nun Recht? Und gleichzeitig wollen wir nicht ausgrenzen, sondern tolerant sein, weil uns die Gewissensfreiheit und die Religionsfreiheit ein unverzichtbares Gut geworden ist.

Die Lösung ist dann oft, dass wir in der Öffentlichkeit gar nicht mehr über unseren Glauben reden, denn schließlich soll jeder glauben, was er möchte. Aber meisten sprechen wir dann auch nicht mehr darüber, dass Christus vielleicht mich trägt und hält und dass das Evangelium für mich Orientierung und Hilfe ist oder zumindest Bezugspunkt in all den großen Fragen des Lebens.

6. Am Anfang der Kirche
Und wenn das dann alles so ist, dann sind wir wieder am Anfang der Kirche angekommen, so wie damals bei Paulus vor 2000 Jahren, als er in Athen auf dem Areopag steht, also auf dem Marktplatz, und zu den Griechen spricht. Und vielleicht sind uns seine Worte heute wieder eine Hilfe, wo wir neben den anderen Religionen stehen und nach unserem Bekenntnis suchen, wer uns letzter Grund und Halt ist.

Hören wir den heutigen Predigttext zum Abschluss: Apg 17,22 – 34
22 Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. 23 Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt.
24 Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. 25 Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt. 26 Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, 27 damit sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns.
28 Denn in ihm leben, weben und sind wir; wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts. 29 Da wir nun göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Kunst und Gedanken gemacht. 30 Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun. 31 Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.
32 Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, begannen die einen zu spotten; die andern aber sprachen: Wir wollen dich darüber ein andermal weiterhören. 33 So ging Paulus von ihnen. 34 Einige Männer schlossen sich ihm an und wurden gläubig; unter ihnen war auch Dionysius, einer aus dem Rat, und eine Frau mit Namen Damaris und andere mit ihnen.


Amen