Predigttext: Hebräer 9,15.26b-28
Wochenspruch Joh 3,16Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Es ist vollbracht
Predigttext
15 Und
darum ist Christus auch der Mittler des neuen Bundes, damit durch seinen Tod,
der geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen unter dem ersten Bund, die
Berufenen das verheißene ewige Erbe empfangen.
26b
Nun aber, am Ende der Welt, ist er ein für allemal erschienen, durch sein
eigenes Opfer die Sünde aufzuheben. 27 Und wie den Menschen bestimmt ist,
einmal zu sterben, danach aber das Gericht: 28 so ist auch Christus einmal
geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen; zum zweiten Mal wird er nicht
der Sünde wegen erscheinen, sondern denen, die auf ihn warten, zum Heil.
Liebe Gemeinde,
Liebe Gemeinde,
1. Schuld und Sünde
Wenn
wir vom Kreuz Christi reden, müssen wir auch von Sünde und Schuld reden – auch
wenn es uns schwer fällt. Viel
zu abstrakt ist uns der Gedanke geworden, dass Gott uns unsere Schuld nehmen
könnte.
Doch
wo ist sie dann hingekommen, unsere Schuld?
Nur
weil wir nicht mehr darüber reden, gibt es sie trotzdem.
Oder
ist sie einfach weg?
Verlieren
wir uns in Erklärungen? In Ausreden? In Rechtfertigungen? In Beschwichtigungen?
Nur
kein schlechtes Gewissen sich machen lassen; das schwächt nur die eigene
Position.
Doch
das kostet Kraft, viel Kraft, das Verdrängen.
Und
was ist mit der Schuld, die man nicht mehr rückgängig machen kann? Wo man Jahre
später plötzlich nachts hochschreckt, schweißgebadet. Schuld, die einen traurig
macht, aber die tatsächlich war – und alles Entschuldigen nichts mehr hilft.
Und
dann oft noch viel heftiger:
Wie werden wir die Schuld los, die uns andere angetan haben?
Distanz,
Liebesentzug der Eltern; Gewalt, Ausschluss, Überforderung. Lebenslange
Traumen. Die falschen Eltern zur falschen Zeit - Schuld des Lebens. Das eigene
Leben vergeigt. Und dann?
Mein Gott, mein Gott, warum hast du
mich verlassen?
Dann
muss der Mensch selber dagegen ankämpfen! Und es wird viel gekämpft. Mit harten
Bandagen gekämpft und oft aussichtslos. Aus der Trauma-Forschung wissen wir,
wie sich Schuld bis ins dritte und vierte Glied „weitervererbt“ und einen nicht
mehr los lässt.
Und
niemand ist da, der einem die Schuld vergibt. Die Getane und die Erlittene.
Deshalb
ist es so wichtig: Trauen wir Gott zu, dass er auch die zerstörerische Macht unsere
Traumen überwinden möchte und kann.
Der
Therapeut ist das eine. Aber so vieles kann man nicht aufarbeiten und sich
selber sagen. Erlösung muss man sich auch gesagt sein lassen. Du bist frei.
Lebe aus meiner Gnade.
Es ist vollbracht – gilt das? Auch für mich?
Wie
heißt es in unserem Predigtwort:
15 Und
darum ist Christus auch der Mittler des neuen Bundes, damit durch seinen Tod,
der geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen unter dem ersten Bund, die
Berufenen das verheißene ewige Erbe empfangen.
26b
Nun aber, am Ende der Welt, ist er ein für allemal erschienen, durch sein
eigenes Opfer die Sünde aufzuheben.
2. Erlösung
Wir
sind Erlöste! Wissen wir das noch?
Befreite!
Können wir das glauben?
Natürlich
bleibt unsere Geschichte unsere Geschichte. Aber wie viel Macht geben wir der
Vergangenheit, dass sie uns nie mehr loslässt.
Wann
soll denn Erlösung sein, wenn nicht auch schon jetzt?
Wann
sollen die negativen Bindungen durchbrochen werden, wenn nicht auch schon jetzt?
Der „Kain
in uns“ ist noch, aber er muss nicht mehr zwingend zum Recht kommen. Das Auge
um Auge, Zahn um Zahn ist noch in uns, aber wir dürfen es immer wieder wagen, die
rechte Backe hinzuhalten für den Frieden.
Erschöpft
sind wir aus den Kriegen mit unseren „Erzfeinden“ heraus gegangen – so viel
Blut, bis wir nun bald 73 Jahre Frieden haben im Ringen und Verstehen, im Versöhnen,
im Hören und Handeln mit und für den anderen - Europa, Wiedervereinigung,
Flüchtlingsbewegung. Wir haben doch vieles geschafft!
Und
jetzt? Braucht es wieder das selbstsüchtige ICH, das
neu aufkeimt in unserer Welt und scheinbar einen unstoppbaren Siegeszug führt,
ob in China, in Russland, in Amerika. Aber es bleibt ein arrogantes, zerstörerisches
ICH.
WIR in
Europa sind durch das WIR großgeworden nach dem zweiten Weltkrieg, weil das ICH
ausgedient hatte und die Schuld benannt wurde und auch vergeben. Gott
sei Dank.
Was
reitet uns? Auch in Deutschland? In dem wieder einmal die Angst umgeht - auch
unter den Christen -, dass wir überfremdet werden könnten. Und dann rechnen wir
uns durch, wie viele Kinder die Deutschen im Durchschnitt haben und wie viele
die Moslems – von denen auch viele Deutsche sind. Und das alles, weil wir es
wieder einmal nicht aushalten, wenn unter uns Menschen wohnen, die einen
anderen Glauben haben und eine andere Kultur pflegen. Die Demokratie und den
Rechtsstaat müssen wir alle einhalten. Und wir erinnern uns hoffentlich noch:
Abgewählt hatten die Weimarer Republik die Christen, nicht die Juden.
Mein Gott, mein Gott, warum hast du
mich verlassen?
Oder wie es hier heißt: …. damit durch seinen
Tod, der geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen unter dem ersten
Bund, die Berufenen das verheißene ewige Erbe empfangen.
Wir
sind Erlöste von diesen Egomanien. Wir müssen keine Gefangenen mehr sein in den
eigenen Ängsten.
Und wir
ahnen, wo wir stehen könnten.
Und
keiner hat gesagt, dass wir das perfekt könnten, aber wir müssen uns immer wieder
auf den Weg machen, auf den Weg, wie das Erlöst-sein aussehen könnte.
…
damit wir eben nicht mehr nur verkrümmt unter Verkrümmten sind, sondern auch
Erlöste, so wie es da steht:
Es ist vollbracht.
26b
Nun aber, am Ende der Welt, ist er ein für allemal erschienen, durch sein
eigenes Opfer die Sünde aufzuheben.
3. Vertrauen
Vertrauen
wir Gott?
Glauben
wir, dass der neue Bund Christi Gültigkeit hat? Auch wenn wir es nicht
verstehen oder begreifen können, wie das an diesem Kreuz geschehen sein konnte.
Vertrauen wir Gott trotzdem, dass wir immer wieder los lassen können, um seinem
Wort nachzuglauben und dann auch ihm nachzuleben. Und
wir uns nicht mehr betören oder verführen oder einschüchtern lassen von solchen
trostlosen Worten, wie:
Die
Welt hat ihre eigenen Gesetze.
Den
Letzten beißen die Hunde.
Und
wenn nicht wir, dann werden die anderen …
In solchen
Welten brauchen wir keinen Christus. Das kann sich die Welt alleine sagen und
hat es sich schon immer gesagt.
Doch
der neue Bund spricht eine andere Sprache.
Damals
schon und bis heute. Am Karfreitag setzt sich die Liebe ins Recht, die den Hass
überwindet. Am Kreuz vollendet sich die Veränderung des neuen Bundes, der mit
Christus in die Welt gekommen ist. Das Auge um Auge, Zahn um Zahn wird
durchbrochen, damit Versöhnung gelingen kann.
Das
ist uns zugesagt.
Versöhnung
umfassend:
Versöhnung
mit meiner Geschichte und Versöhnung mit mir selbst. Versöhnung sogar mit den
Dingen, die mich binden: Angst, Rache, Hass, Krankheit, Verlust, Neid, Streit.
Ja sogar Versöhnung mit dem Tod. Ihm ist seine bindende Macht genommen, so dass wir selbst diesen Weg als Gehaltene gehen können – gehalten im Glauben.
Ja sogar Versöhnung mit dem Tod. Ihm ist seine bindende Macht genommen, so dass wir selbst diesen Weg als Gehaltene gehen können – gehalten im Glauben.
Trauen
wir diese Macht Gott zu? Keine Floskel, sondern wahrhaft und ernsthaft.
Versöhnung auch für uns. Stück für Stück.
Damit
es sich für uns zur Wahrheit entwickeln kann, so wie es hier steht und wir
danach leben:
27 Und
wie den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht: 28
so ist auch Christus einmal geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen; zum
zweiten Mal wird er nicht der Sünde wegen erscheinen, sondern denen, die auf
ihn warten, zum Heil.
….
denen, die auf ihn warten, zum Heil.
Karfreitag
– ein Gott verlassener Tag, der uns zum Festtag wird.
Die
Verwandlung vom Eli, Eli, lama sabachtani hin zum einem „Es ist vollbracht!“ –
aus dem wir leben können, auch für unseren Nächsten.
Amen
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